Schon die Germanen kannten Marienkäfer und widmeten den Siebenpunkter, dessen Punkte die vier Elemente (Feuer, Erde, Wasser, Luft) und die drei göttlichen Elemente (Himmel, Mond und Sonne) symbolisierten, der Göttin Freya, und als das Christentum Einzug hielt, wurde der gleiche Käfer sofort der Gottesmutter Maria umgewidmet.
Wie bekannt und geschätzt „der Marienkäfer“ (meist ist der Siebenpunkter gemeint) allein im deutschen Sprach-raum ist, belegen über 1.500 verschiedene regionale Bezeichnungen.
Hier ein Auszug:
· Ankenkäfer („Anke“ bzw. „Anken“ ist eine veraltete Bezeichnung für Butter.
· Blattlauskäfer
· Blattlöwe
· Frauenkäfer / Frauenkäferl / Muttergotteskäfer
· Glückskäfer
· Herrgottsdierche / Herrgottskäfer / Herrgottstierche / Herrgottstierli / Gotteskäfer (mit direktem Bezug zu Gott)
· Herrgottssöönken / Muttergotteskindchen / Jesuskäferlein (mit direktem Bezug zu Jesus)
· Himugügeli / Himugüegeli / Himmugüegeli /Himelgüegeli (in der Schweiz gebräuchlich)
· Himmelmiezchen / Himmelsmiezchen (gebräuchlich in Sachsen und im Erzgebirge – mit Anspeilung auf Katzen)
· Johanniskäfer
· Jungfernkäfer (gebräuchlich in Österreich)
· Junikäfer
· Katimele
· Katharinenkäfer
· Läusfresser / Blattlauskäfer / Huppawermel / Hopfenwürmlein (mit Bezug auf Blattläuse)
· Liawaherrgottstiarla
· Maikäfer / Junikäfer (nicht zu verwechseln mit Maikäfern und Junikäfern)
· Mariechäferli (in der Schweiz gebräuchlich)
· Mariechenkäfer (im Berliner Raum gebräuchlich)
· Marienkäfer / Marienwürmchen
· Mohtschegiebchen
· Motschegiebchen
· Motschekiebchen
· Motschekiepchen
· Muätärgotteschäfer
· Mudschekiepchen
· Muhkälbchen / Muhküfchen / Marienkälbchen / Gotteskälbchen / Herrgottsöchslein
· Muhtschegiebchen / Mutschekiepchen / Mufferküpchen
· Olichsvöjelche
· Rothkalbl / Bluthienla / Gelbhänschen / Goldschäfchen / Graupelmiezchen (Mit Bezug auf die Farbe)
· Siebenpunktkäfer
· Sonneküken / Sonnenkäfer / Sonnenkälbchen / Sunnenkalw
· Sünnekindken
Sein lateinischer Name ist: Coccinellidae. „Coccinellidae“ heißt auf Deutsch: „scharlachfarben“ bzw. „in Scharlach gekleidet“. In der französischen und italienischen Sprache findet sich dies auch noch so wieder. „Coccinelle“ heißt Marienkäfer auf Französisch. „Coccinella“ heißt Marienkäfer auf Italienisch.
Auf Englisch heißt der Marienkäfer „Ladybug“, „Ladybird“, „God’s cow“ oder auch „Lady beetle“. „Lady“ ist hier die Anspielung auf die Jungfrau Maria.
Weltweit existieren etwa 5.5oo Arten, bei uns flogen – bis zur Ausbreitung des asiatischen Marienkäfers – etwa 80 Arten, von denen einige aber auf Hochmoore, Heidegebiete oder Hochgebirge spezialisiert sind und im Kreis Unna nie vorkamen. Etwa 60% aller Marienkäfer-arten ernähren sich von Insekten, die übrigen fressen Schimmel- und Blatt-Pilze und deren Hyphen.
Immer wieder sprachen verschiedene Quellen im Jahr 2018 von einem dramatischen Rückgang aller Insektenarten um 70 bis 80%. Als Gründe wurden einmal mehr der Verlust der Lebensräume und Pestizide in der Landwirtschaft ausgemacht.
Besonders betroffen hat es die heimische Marienkäfer-Fauna, die neben den oben genannten Gründen vor allem unter der starken Ausbreitung des asiatischen Marienkäfers (Harmonia axyridis) zu leiden hat, der sich nicht nur von Blattläusen, sondern auch von Eiern, Larven und Puppen anderer Käferarten ernährt.
Das erste Bild zeigt den asiatischen Vierzehnpunkt-Marienkäfer ( Propylea quatuordecimpunctata) bei der Paarung, auf den drei folgenden Bildern ist H. axyridis und seine Farbvariabilität dargestellt. Auf dem letzten Bild ist das „W“ auf dem Kopfschild erkennbar.
Zu seinem Nahrungsspektrum zählen aber auch Schildläuse, Milben, Gelege und Raupen anderer Insektenarten. Ab den 1980er Jahren bekam man australische und asiatische Marienkäfer-Puppen auch im Kreisgebiet als Mittel für die biologische Schädlingsbekämpfung zu kaufen. Während die Australier sich als nicht winterhart erwiesen, kamen und kommen die Asiaten, die ursprünglich aus China, Japan und der Mandschurei stammen, mit unseren Lebensbedingungen sehr gut zurecht. Häufig kann man die Asiaten, die sehr farbvariabel sind, an einem M oder W auf dem Kopfschild (je nach Betrachtungsweise) erkennen, das man mit Fantasie auch als Schmetterlingssilhouette bezeichnen kann.
Auch die Geschlechter der Marienkäfer können nur Fachleute mit entsprechender Optik, etwa nach Untersuchung des Genitalapparates, erkennen und bestimmen. Auch unsere heimischen Arten sind sehr farbvariabel. So gibt es allein vom Luzerne-Marienkäfer 4000 Farbvarianten.
Klassisches und bei uns fliegendes Beispiel ist der Zweipunkter, der auf den Flügeldecken 2 schwarze Punkte auf rotem Grund besitzt. Nicht selten sind Exemplare mit schwarzen Flügeldecken und vier oder sechs roten Punkten. Es ist die gleiche Art. Für den Laien in etwa vergleichbar mit grünen, gelben oder blauen Wellensittichen.
Im Gegensatz zu den heimischen, meist einjährigen Arten, die in ein oder zwei Generationen etwa 400 Eier legen, lebt „der Asiate“ bis zu 3 Jahre und legt bis zu 2.500 Eier. Die Eier enthalten, genau wie die Larven, Puppen und Käfer, Microsporidien (pilzähnliche Einzeller), die der asiatischen Art keinen Schaden zufügen, da sie in deren Körper inaktiv sind, wohl aber tödlich auf Fressfeinde, wie andere Marienkäferlarven wirken. Diese Tatsache gewinnt dann an Bedeutung, wenn man weiß, dass Kannibalismus auch unter Marienkäfern stark verbreitet ist und bis zu 50% aller Eier von frisch geschlüpften Geschwistern (Zwillingskannibalismus) oder von Larven anderer Arten gefressen werden
Zusätzlich sind die heimischen Marienkäfer und ihre Gelege anfällig gegen verschiedene Krankheiten, was bei H. axyridis nicht der Fall ist. In der Hämolymphe (blutähnliche Flüssigkeit) fanden Forscher über 50 antimikrobielle Peptide gegen Krankheiten, womit dieser Asiate Rekordhalter im gesamten Tierreich ist. Es soll hier erwähnt werden, dass längst hochwirksame Medikamente gegen Tuberkulose (TBC) und Malaria aus der Körperflüssigkeit von H. axyridis entwickelt wurden und die Forschungen weiter gehen.
Alle Marienkäfer können bei Gefahr und Bedrohung eine an den Beinen ausgeschiedene Abwehr-Flüssigkeit produzieren, die bei uns Menschen sofort Ekel hervorruft. Da der asiatische Käfer auch Früchte wie Weintrauben verzehrt, ist er bei den Winzern unbeliebt. Hierfür sind weniger die Fraßschäden verantwortlich, sondern die bereits erwähnte Abwehr-Flüssigkeit. So kann ein einziger Käfer zwischen 100 und 1000 Liter Wein geschmacklich ruinieren.
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Massenüberwinterung von H. axyridis in einem Fensterrahmen im Giebel der Ökologie-station Bergkamen am 3. Februar 2019. Von 488 Exemplaren gehörten nur 6 Tiere zu einer heimischen Art. (Beide Fotos: H. Otten)
Um bezüglich der aktuellen Marienkäferfauna fundiertere Aussagen treffen zu können, bitten H. Otten und H.-J. Pflaume nicht nur um Beobachtungen und Fundmeldungen, sondern vor allem um das Einsammeln von Tot-funden, da eine Verwechslung des Asiaten mit den heimischen Arten sehr leicht möglich ist und auf die Deter-mination durch Experten, teilweise auch auf die Gen-Analyse zurück gegriffen werden muss.
Funde bitte mit Datum, Fundort und Postleitzahl versehen und senden an:
Heino Otten
Wilhelm-Busch-Ring 25
59174 Kamen
Mail: Heino.Otten@gmx.de
Tel.: 02307 – 910 93 27
Text: Heino Otten
Alle Fotos: Elisabeth und Wolfgang Postler
Literatur:
- Harde, Severa: Der Kosmos-Käferführer, Franckh`sche Verlagshandlung, Stuttgart
- Willner, Wolfgang: Taschenlexikon der Käfer Mitteleuropas, Quelle & Meyer, 2013
- Dierl, Wolfgang: Welcher Käfer ist das?, Kosmos Naturführer
- Stanek, Dr. V. J.: Das farbige Buch der Käfer; Verlag: Dausien
- Klausnitzer, Hertha und Bernhard: Marienkäfer; Die neue Brehm Bücherei; Westarp Wissenschaften
- https://de.wikipedia.org/wiki/Marienkäfer
- http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/marienkaefer-mit-zwei-punkten-verschwinden-a-1146650.html